Informationen zum Lehramtsstudium Physik

Das Lehramtsstudium in Physik – Ziele, Struktur und wesentliche Komponenten

Ziele des Lehramtsstudiums in Physik

Wer Lehrerin oder Lehrer werden möchte, absolviert in Deutschland ein eigenes Studium, das Lehramtsstudium. Dabei wird zunächst nach der Schulform unterschieden und damit zugleich auch eine Entscheidung getroffen, in welchem Alter ungefähr die Schülerinnen und Schüler sind, die man später unterrichten möchte. Wie Schule und Unterricht organisiert sind, hängt vom Bundesland ab, und auch die Lehramtsausbildung haben die Bundesländer unterschiedlich geregelt. In allen Fällen gleich ist aber, dass das Studium an einer Universität oder Pädagogischen Hochschule (nur in Baden-Württemberg) der erste Teil der Ausbildung ist; daran schließt sich der Vorbereitungsdienst an, bei dem man bereits in einer Schule arbeitet, zugleich aber noch betreut und auch bewertet wird.

Das Lehramtsstudium soll das grundlegende Wissen im Fach – also der Physik – vermitteln, aber auch den Umgang mit diesem im Unterricht reflektieren. Für Physiklehrkräfte ist es wichtig, zu erkennen, wie Schülerinnen und Schüler und die Physik zusammenkommen. Für manches kann man ein Gespür haben – vieles aber kann und muss man erlernen, und hierfür sind die fachdidaktischen Studienanteile gedacht.

Die Berufsaussichten für Lehrkräfte lassen sich nur schwer vorhersagen. Generell aber ist Physik ein Mangelfach, das heißt, dass die Absolventinnen und Absolventen vergleichsweise gute Chancen haben, eingestellt zu werden.

Inhalt und Aufbau des Studiums

Da die Benennung von Schulformen und Arten des Lehramtsstudiums in den Bundesländern unterschiedlich ist, hat die Kultusministerkonferenz (KMK) folgende Klassifikation von Lehramtstypen beschlossen:

Lehramtstyp 1
Lehrämter der Grundschule bzw. Primarstufe
Lehramtstyp 2
Übergreifende Lehrämter der Primarstufe und aller oder einzelner Schularten der Sekundarstufe I
Lehramtstyp 3
Lehrämter für alle oder einzelne Schularten der Sekundarstufe I
Lehramtstyp 4
Lehrämter der Sekundarstufe II (allgemeinbildende Fächer) oder für das Gymnasium
Lehramtstyp 5
Lehrämter der Sekundarstufe II (berufliche Fächer) oder für die beruflichen Schulen
Lehramtstyp 6
Sonderpädagogische Lehrämter

Das Studium für diese Lehramtstypen unterscheidet sich in den fachdidaktischen und bildungswissenschaftlichen Inhalten, vor allem aber auch im Niveau des Fachstudiums. Dabei gilt in etwa, dass das fachliche Niveau im Studium eine Stufe über dem Unterrichtsniveau des gewählten Lehramtes liegt. Im Lehramtstyp 1 ist Physik im Rahmen fachübergreifenden Unterrichts vertreten, zum Beispiel im Sachunterricht, und das fachliche Niveau im Studium entspricht etwa dem Niveau des Physikunterrichts der Sekundarstufe I. Für Lehramtstyp 2, 3 und 6 ist das Studium auf der Stufe des Unterrichts in der Sekundarstufe II, und im Typ 4 und 5 ähnlich wie im Bachelorstudium.

Auch die Dauer des Studiums ist je nach gewähltem Lehramtstyp und Bundesland unterschiedlich und kann zwischen 6 und 10 Semestern betragen. In den meisten Bundesländern ist das Studium als Bachelor- und Masterstudium konzipiert, in einigen wenigen Bundesländern wird das Lehramtsstudium dagegen mit einem Staatsexamen abgeschlossen. Im Folgenden wird beispielhaft der Aufbau eines Studiums des Typs 4 mit einer Studienzeit von 10 Semestern beschrieben. In diesem Studium werden Leistungen in einem Umfang von 300 Leistungspunkte (LP) erbracht. Diese setzen sich wie folgt zusammen:

1. Fach, einschließlich seiner Didaktik 100-120 LP
2. Fach, einschließlich seiner Didaktik 100-120 LP
Bildungswissenschaften 30-50 LP
Schulpraktika 20-30 LP
Abschlussarbeiten 20-40 LP

Nähere Informationen hierzu bietet die Broschüre „Zur fachlichen und fachdidaktischen Ausbildung für das Lehramt Physik“ der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Die Inhalte im Fachstudium sind ähnlich derjenigen im Bachelorstudium, allerdings mit deutlich geringerem Umfang. An den Pädagogischen Hochschulen und an vielen Universitäten werden auch Fachveranstaltungen speziell für die Lehramtsstudierenden angeboten, so zum Beispiel in Theoretischer Physik.

In der Fachdidaktik wird dagegen vermittelt, wie Physiklernen in der Schule gelingen kann. Die fachdidaktische Kompetenz basiert auf einer fachlichen – ein guter Überblick über die Inhalte und Methoden der Physik – und berücksichtigt eine Vielzahl von Aspekten, angefangen vom Bildungswert des Physikunterrichts über die Kenntnis typischer Schülervorstellungen bis hin zu Fragen der Motivation: Was etwa interessiert Schülerinnen und Schüler eigentlich am Experimentieren? In den Lehrveranstaltungen wird dies sowohl theoriebezogen, etwa auf der Basis aktueller fachdidaktischer Forschungsergebnisse, als auch praxisnah durch Anknüpfen an Unterrichtssituationen und immer in Verbindung mit Fachinhalten erarbeitet und diskutiert. Zusätzlich zu den für den späteren Beruf erforderlichen Fähigkeiten erleben die Studierenden dabei auch einen neuen Blick auf ihr eigenes physikalisches Denken, wie zum Beispiel: Habe ich eigentlich verstanden, weshalb ein Regenbogen rund ist?

Stichworte zum Physikstudium

Die Physik ist in Experimentalphysik und Theoretische Physik gegliedert. Experimentalphysiker konzipieren Experimente, bauen die Geräte dafür, führen die Experimente durch, werten die Daten aus und interpretieren die Ergebnisse anhand der bekannten Theorien. Dadurch werden die Vorhersagen von Theorien bestätigt oder widerlegt, und die Gültigkeitsbereiche der Theorien untersucht. Experimentalphysiker können auch ganz neue Effekte entdecken, für die es noch keine Vorhersagen gibt. Im Studium werden die grundlegenden Gebiete der Physik entlang ihrer historischen Entwicklung zusammen mit den bedeutenden Experimenten dazu diskutiert und oft anhand von Demonstrationsexperimenten veranschaulicht. In der Experimentalphysik werden auch die wichtigsten theoretischen Modelle der Physik das erste mal im Studium besprochen. Später werden diese dann in den Praktika und in der Theoretischen Physik wieder aufgegriffen und vertieft.
In den Praktika wird systematisches Experimentieren, Dokumentieren von Messergebnissen, Auswahl und Einsatz von Messgeräten, Auswerten von Messdaten, Interpretation der Ergebnisse und schriftliche Dokumentation des Experimentes trainiert. Dazu beginnt man mit ganz einfachen Experimenten, die sich durch alle Gebiete der Physik ziehen. So kann man alle Messgeräte kennenlernen und die Modelle der Klassischen Physik rekapitulieren und auf konkrete Fälle anwenden. Hat man Routine mit dieser systematischen Vorgehensweise und beherrscht die Berechnung der experimentellen Unsicherheiten (Messfehler), dann kann man sich im Fortgeschrittenenpraktikum Fragestellungen der Modernen Physik zuwenden und Atome, Moleküle, Kerne und Festkörper mit spektroskopischen Methoden untersuchen. Die Messapparaturen werden immer komplexer, das Experiment in seiner Gesamtheit schwieriger zu überblicken und die gewonnenen Daten abstrakter. Auch die Dokumentation der Ergebnisse nähert sich immer mehr den Standards, die in Bachelor und Masterarbeiten erwartet werden. In diesem Sinne sind Praktika eine systematische Vorbereitung auf das eigenständige Experimentieren in der Forschung.
Die Theoretische Physik baut die mathematischen Modelle ganz systematisch auf - oft ausgehend von den ganz grundlegenden Gleichungen in der Physik (ab initio). In den Vorlesungen werden alle wichtigen Schlussfolgerungen systematisch durchgerechnet, was oft einige Mathematik und viel Durchhaltevermögen bei den Rechnungen erfordert. Hat man das aber einmal im Studium gemacht, hat man großes Zutrauen zu den Theorien gewonnen und kennt ihre Anwendbarkeit und Einschränkungen. Auch hat man die Sicherheit im Umgang mit Mathematik als Physiker gewonnen, um später selbst mathematische Modelle weiterentwickeln zu können. Im Studium werden meistens analytisch lösbare Beispiele behandelt, später in der Forschung werden komplexe Probleme mit ausgeklügelten numerischen Verfahren gelöst. Hierfür ist es hilfreich, wenn man sich im Studium zusätzliche Mathematikkenntnisse aneignet, programmieren lernt und Numerische Mathematik kennenlernt. So tief steigen aber oft nur diejenigen ein, die Theoretiker werden wollen.
In der Mathematik steht am Anfang die Analysis und die Lineare Algebra im Vordergrund. Beginnend mit Folgen und Reihen nähert man sich der Differential und Integralrechnung. Zuerst in einer Dimension später dann in mehreren Dimensionen. Alle Sätze werden bewiesen und man muss sich wie ein Mathematiker mit der präzisen Formulierung von mathematischen Zusammenhängen auseinandersetzen. Dieser präzise Umgang mit Mathematik hilft einem aber unmittelbar in der Physik, wenn es darum geht mit welchen mathematischen Objekten und Operationen eine physikalischen Modell aufgebaut werden kann. Im Laufe der Semester lernt man immer kompliziertere und ungewohnte mathematische Konstrukte kennen. Sie werden benötigt, um beispielsweise die Quantenmechanik formulieren zu können. So begleitet einen die Mathematik durch die ersten 4 Semester. Später hat man Freiheiten sich weiter zu vertiefen oder eben auch nicht und manches mathematische Konstrukt lernt man nur in der Theroretischen Physik kennen. Alle Studierenden setzen sich mit Differential-, Integralrechnung, gewöhnlichen Differentialgleichungen, komplexen Zahlen und Funktionen, Vektorräumen und linearen Gleichungssystemen auseinander.

Die fachdidaktischen Studienanteile fördern die Kompetenzen in der Vermittlung der Physik. Sie sind damit eng an das Fach angebunden und reichen etwa von der Fähigkeit, typische Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler zu erkennen (wie etwa deren Vorstellungen zu bestimmten physikalischen Sachverhalten) bis zum Vermögen, den Einsatz von Experimenten und Modellen reflektieren und begründen zu können und natürlich auch, physikalische Sachverhalte erklären zu können. Typischerweise findet im Studium zunächst eine Lehrveranstaltung zur Einführung in die Didaktik der Physik statt, gefolgt von Veranstaltungen zu bestimmten, auch aktuellen Themen, die zum Teil eher theoriebasiert und zum Teil eher praxisorientiert sind. Oft vertreten ist auch ein Praktikum zum unterrichtsbezogenen Experimentieren. Grundlage für diese Struktur sind unter anderem die Vorgabe „Ländergemeinsame inhaltliche Anforderungen für die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken in der Lehrerbildung“ und die Vorschläge der Gesellschaft für Fachdidaktik (GFD). Als Module sind häufig vertreten:

Modul 1: Grundlagen des Lehrens und Lernens von Physik
Modul 2a: Physikunterricht – zentrale Gestaltungselemente
Modul 2b: Physikunterricht – Konzeption
Modul 3: Physikdidaktisches Urteilen und Forschen sowie Weiterentwickeln von Physikunterricht

In der Forschungsphase ist man endlich so weit vorbereitet, dass man in der aktuellen Forschung mitarbeiten kann. Man kann nun auf das bekannte Grundlagenwissen der Physik aufbauen und sich auch in sehr komplizierte Spezialgebiete einarbeiten. In erstaunlich kurzer Zeit erreicht man in speziellen Fragestellungen einen Wissensstand, den nur wenige Wissenschaftler auf der Welt haben und kann im Rahmen eines Teams an aktuellen Forschungsfragen arbeiten. Man übernimmt Verantwortung in groß angelegten Experimenten und sammelt selbstständig Messdaten, die sich zusammen mit den Ergebnissen anderer zu einem kohärenten Bild zusammenfügen. In der Theorie werden oft Berechnungen mit großen Programmen auf Höchstleistungsrechenclustern durchgeführt. Dabei geht es darum, Vorhersagen für Experimente zu berechnen und Beispiele von immer komplizierteren Systemen mit ab initio Methoden anzugehen. Oft werden auch die Modelle Schritt für Schritt weiterentwickelt und man kann selbst Programmcode für ein Projekt beitragen. Innovativ sind dabei nicht die Programmiersprachen sondern die numerischen Methoden und die physikalischen Zugänge und Näherungen.
Im Bachelorstudium erlernt man die wesentlichen bekannten Theorien zur Beschreibung der Natur. Begonnen wird mit der Klassischen Physik und ihren Teilgebieten - Mechanik, Thermodynamik, Elektrodynamik und Optik. Ab dem 3. Semester folgen folgen Atom-, Molekül-, Kern-, und Festkörperphysik. Während man in den Experimentalphysikvorlesungen viele Experimente sieht und eine anschauliche Vorstellung von den grundlegenden Effekten bekommt, werden in der Theoretischen Physik die mathematischen Modelle systematisch aufgebaut. Die theoretische Physik startet etwas später im Studium damit man die Mathematik, die man dafür braucht, schon gelernt hat. Praktika begleiten einen das ganze Bachelorstudium über - zuerst im Grundpraktikum mit einfachen Versuchen, um die Geräte und das systematische Vorgehen des Experimentators kennenzulernen, später im Fortgeschrittenenpraktikum mit anspruchsvollen experimentellen Aufbauten und komplizierteren Fragestellungen aus der modernen Physik.
Im Masterstudium beginnt man sich zu spezialisieren, legt sich auf Theorie oder Experiment fest und sucht sich ein Spezialgebiet in dem man forschen möchte. Jetzt gibt es kaum noch Pflichtvorlesungen und man kann sich selber aus den reichhaltigen Spezialvorlesungen und Seminaren aussuchen, was einen interessiert und was einen gut auf die eigene Forschungstätigkeit vorbereitet. Am Ende des zweiten Semesters im Master beginnt man mit der Forschungsphase, die ein ganzes Jahr dauert. An den meisten Unis ist sie in zwei Vertiefungsmodule und die Masterarbeit aufgeteilt. In dieser Zeit arbeitet man in einer forschenden Arbeitsgruppe zusammen mit Doktoranden und internationalen Gästen an einer Fragestellung der aktuellen Forschung. Wenn man Glück hat, entsteht aus der eigenen Arbeit eine Publikation, die in einer internationalen Fachzeitschrift veröffentlicht wird.
Ungefähr die Hälfte aller Physikabsolventen beginnen eine Promotion nach ihrem Master. Wenn die Forschung Spaß macht und man eine Stelle als Doktorand angeboten bekommt, sagt man gerne ja, um noch 3-4 Jahre in der Forschung weiterzuarbeiten. Die andere Hälfte der Absolventen geht in die Industrie und findet leicht einen Job in Forschung und Entwicklung, die in den Unternehmen meist viel anwendungsorientierter ist. Physiker gehen oft in die gleichen Jobs wie Ingenieure, obwohl ihr Studium ganz anders gestaltet ist.